Categories
Produkte & Materialien

Osservatorio Saloni 2013 Vorbemerkung: von Tendenzen zu Entwicklungslinien

Bei der Analyse der besonderen Konjunkturlage, in der sich die Weltwirtschaft befindet, drängt sich zunächst eine in gewisser Weise offenkundige Beobachtung auf: Der Begriff „Tendenzen“, der normalerweise zu diesem Zeitpunkt im Jahr verwendet wird, um die anlässlich der Saloni präsentierten Dinge zu beschreiben, klingt leer, wenn nicht sogar nichtssagend angesichts immer riskanterer und komplexerer Situationen.

Es lässt sich jedoch nicht leugnen, dass sich das Design, wie alle kreativen Disziplinen, langfristig auf einer „Entwicklungslinie“ fortbewegt. Wir müssen  uns also dieses Jahr über die Tendenzen hinwegsetzen und uns fragen, wie diese Entwicklungslinien aussehen. Dazu ist es nötig, nicht nur die interessantesten Stücke, die vom 9. bis zum 14. April 2013 in Mailand zu sehen sind, sondern vor allen Dingen einige Makrobereiche der Entwicklungsarbeit zu analysieren.

7 Adjustable table E1027_resize.jpg

Neuauflagen

Hier können wir uns vor allen Dingen auf einen Weg beziehen, den viele Unternehmen zu teilen scheinen und der in gewisser Weise gerade von der Unsicherheit der Käufer beeinflusst wird. Wir beziehen uns hier auf das deutlich zunehmende Phänomen der Neuauflagen: Meisterwerke der Vergangenheit werden auf bestenfalls als philologisch zu bezeichnenden Wegen wieder ans Licht gebracht. Es ist interessant aufzuzeigen, dass diese Erscheinung, die ursprünglich zunächst wirklich vergessene und „historisierbare” Stücke betraf, sich heute dagegen auf Gegenstände  bezieht, deren Produktion erst kürzlich eingestellt wurde. Driade holt zum Beispiel ein in den achtziger Jahren von Antonia Astori entworfenes Tischchen wieder hervor. Kostbarer Marmor weckt hier Wiener Nostalgien von Anfang des 20. Jahrhunderts.

Gehen wir dann dagegen zu den sogenannten „Meistern des italienischen Designs“ über, also zu denen, die unverzüglich nach Ende des Zweiten Weltkriegs an der Schaffung des Italian Style gearbeitet haben, können wir an die Arbeit von FLOS erinnern, die fünf emblematische Leuchten von Gino Sarfatti, dem italienischen Lichtspezialisten aus den Jahren 1939-1973, wieder hervorholt und sie technisch anpasst, nämlich durch Ersetzen der Originallampen durch Leds.

Im Bereich Möbel ist auf jeden Fall die Wiederentdeckung einer vergessenen  Persönlichkeit zu erwähnen: Gastone Rinaldi. Er war einer der wichtigsten Designer der fünfziger und sechziger Jahre und zudem der amerikanischste unter den italienischen Designern, der einzige, der es mit dem großen Charles Eames aufnehmen konnte. Poltrona Frau präsentiert zwei Sessel (“DU 55”) und (“Letizia”): Sie wurden 1954 entworfen und zeichnen sich durch ihre sinnlich abgestimmten Volumen aus.

Vitra, im Einklang mit der Familie Prouvé und dank der Material- und Farbsensibilität von Hella Jongerius, kommt dagegen mit neuen Farbnuancen für die Sessel „Fauteuil de Salon” und „Fauteuil Direction” und mit einem Kunststoffmaterial für die Rückenlehne  und den Sitz des berühmten  Stuhls „Standard”, der jetzt in „Standard SP” umbenannt wurde.

Der Mechanismus der Neuauflage zieht aber auch Unternehmen in seinen Bann, die normalerweise eher auf Zeitgenössisches  konzentriert sind: Das gilt für Meritalia, wo wir ein Möbel wieder entdecken, das Achille und Piergiacomo Castiglioni 1957 für die epochale Ausstellung „Colori e forme nella casa d‘oggi” in Como entworfen hatten. Es handelt sich um einen kleinen Sessel, eine Art abstrakten Kubus, der beim Draufsetzen große Bequemlichkeit beweist.

Verallgemeinernd können wir sagen, dass die Erscheinung der Neuauflagen für das sogenannte obere Segment, dass sich hier in tadellosen Ausführungen und mit einem großen handwerklichen  Beitrag darstellt, eine sichere Wahl bedeutet,  denn sie bieten jene Sicherheit, die Objekte ausstrahlen, die aus der Vergangenheit kommen, folglich nicht der Mode unterliegen und damit eine Garantie für die Investitionen des Käufers darstellen.

Die Nostalgie arbeitet manchmal  auch mit der Wiederbelebung von populäreren Stilelementen, die auf jeden Fall Gewissheit verleihen: siehe „Gradisca”, eine neue Interpretation des Kneipen-Stuhls „da osteria”, den Werther Toffoloni bei Billiani anbietet. „Ministerielle“ Erinnerungen prägen dagegen die Lampe „Goldman“ von Ron Gilad für Flos, insbesondere in der Version mit grünem Schirm.

6 Gradisca_resize.jpg

Demokratisierung des Designs

Wie gesagt, die Neuauflage ist nicht die einzige Erscheinung, die mit der derzeitigen wirtschaftlichen Situation in Verbindung gebracht werden kann. Auch ein Prozess der Demokratisierung des Designs ist zu erwähnen. Vorausgesetzt, dass Design allgemein immer noch als Eliteerscheinung angesehen wird, wenden erstklassige Unternehmen Verkaufs- und Kommunikationsstrategien an, bei denen Spitzenstücke in blockierten Versionen angeboten werden, d.h. mit festen Ausführungsdetails und zu einem besonders attraktiven Preis. Dadurch hat das Unternehmen die Möglichkeit, bestimmte Produkte lieferbereit auf Lager zu halten und der Käufer hat die Möglichkeit, sich in viel kürzerer Zeit als üblich und zu einem geringeren Preis ein gutes Design-Stück zu sichern. Ein Beispiel dafür ist die von Flou angebotene  Komposition um das berühmte, von Vico Magistretti entworfene Bett „Tadao”, heute in einer grauen Eichenholzversion, kombiniert mit Kleiderschrank und Nachttischchen.

1 Bet Tadao_resize.jpg

Klassisches

Diesbezüglich kann man feststellen, dass neben der Philosophie des Einzelstückes, die die letzten Jahre geprägt hatte, heute eine Rückkehr zu „Stilkompositionen“ gegeben ist, sowohl für Schlafzimmermöbel (Bett + Nachttisch + Kommode), als auch für Esszimmermöbel (Tisch + Stühle). Auch diese Erscheinung bezeugt, dass das Publikum in gewisser Weise bei der Hand genommen werden will, weil es sich tatsächlich immer schwerer tut, sich unter den parallelen, aber dissonanten stilistischen Angeboten zu orientieren.

Eine weitere statistisch signifikante Erscheinung, die ebenfalls wieder mit dem Bedürfnis nach Sicherheit verknüpft werden kann, betrifft die sogenannten „klassischen Möbel“. In diesem Bereich vollzieht sich der Rückgang des „Kunstmöbels“, bzw. der Nachahmung echter, möglichst originalgetreu hergestellter Antiquariatsstücke, um dann mit einer Reihe von „fabelhaften“ Interpretationen weiterzumachen, wo Ludwig XVI ungeniert Alice im Wunderland bei der Hand nimmt und wo barocke Bilderrahmen hemmungslos  neben neoklassischen Formen, Kaiserreich-Formen neben Jugendstil-Stoffen leben. Schließlich wird das Ganze mit unwahrscheinlichen Farben gewürzt, wobei Metallic-Töne wie Gold und Bronze, Silber und Brüniertes vorherrschen.

Wiederentdeckung bestimmter Typologien

Sowohl in den so genannten „klassischen“ als auch in den „zeitgenössischen“ Hallen hört man wieder Namen von Bearbeitungen  wie Intarsien bzw. von Typologien wie Bérgère, die lange schon überholt waren. Siehe die Sessel mit hoher Rückenlehne „Dolly” von Doriana und Massimilano Fuksas für Baxter, oder „Mobius” von Umberto Asnago für Giorgetti. Auch andere vergessene Typologien sind von diesem Mechanismus  betroffen: Francesco Bolis, eigentlich Fotograf, aber Designer new-entry bei Driade, hat zum Beispiel einen Lichtschirm für Fotografen entworfen, der wie ein dreiteiliger Spiegel arbeitet und an alte Schneiderateliers erinnert.

Dazu kommt manchmal noch ein gewollter „Alteffekt“, fast so, als ob manche absolut neuen Einrichtungsstücke in Wirklichkeit schon immer zu unserem Leben gehört hätten: siehe zum Beispiel die von Paola Navone für Baxter entworfene Couch „Sorrento”. Sogar der traditionelle Schutzbezug ist wieder gefragt: Paolo Imperatori interpretiert ihn für Biesse völlig neu mit der Couch „Vesta”, bei der die Abziehbarkeit den Entwurf bestimmt.

Traum

Die Traumdimension  ist nicht mehr nur auf die klassischen  Bereiche beschränkt, sondern zieht sich quer durch alle Hallen. Eine Anspielung auf den Fluchtwunsch (dazu kommen wir später noch im Zusammenhang mit dem Outdoor), die Forderung nach dem Haus als Nest, „Zufluchtsort bei Unwetter“. Hierzu könnten wir eine ganze Reihe von Beispielen anführen, doch das treffendste ist sicher die Bettenkollektion, die Edra mit Fernando und Humberto Campana präsentiert.

Die beiden brasilianischen  Brüder wagen sich an eine ganz neue Typologie für das toskanische Unternehmen, indem sie Tausende  von Recycling-Hölzern bzw. gezwirbelte Metalldrähte in Betten verwandeln. Auch die weniger weit zurückliegenden Zitate fehlen nicht, zum Beispiel die Lampe „Profumo d’estate”, ein von Davide e Michele Groppi für Davide Groppi in ein Glas eingeschlossenes Glühwürmchen, oder „Yoko” von Anderssen & Voll für Foscarini, eine über ein Licht gestülpte Seifenblase. Mit dem Traum geht auch in den Hallen der zeitgenössischen  Möbel, wie in denen der klassischen Möbel, ein Bezug auf eine „märchenhafte“ Vergangenheit einher: Ein Designer und Erfinder wie Ingo Maurer kombiniert in der Leuchte „My new flame lüster” den Zauber von Kerzen mit der zukunftsträchtigen Led-Technologie. Einen „Harry-Potter-Effekt” strebt die Hängelampe „Shade” von Paul Cocksedge für Flos an: Ein in der Luft schwebender  leerer Lampenschirm empfängt das Licht von einer unerwartet auf der Erde positionierten Led-Quelle.Auch die Natur wird als Zauberwelt neu erdacht, fast um den Einfall des Menschen in die Umwelt zu rechtfertigen, und wird direkt in Produkt umgesetzt. Das gilt auch für Laudani&Romanelli, die mit Valsecchi 1918 ein Holztablett in Form von großen, lang gezogenen Blättern anbieten.

4 Shade_resize.jpg

Entwicklungslinien

Zum Abschluss möchten wir einige „Entwicklungslinien des Entwurfs“ analysieren. Wir können feststellen, dass das Thema der „Kostbarkeit“ heute besonders  im Vordergrund steht. Das Paradigma „Form-Funktion“ reicht sicher nicht mehr aus, um den Käufer zu verführen; analog zu dem, was seit längerer Zeit in der Welt der Mode üblich ist, muss der „Unterschied“, der besondere Charakter der Produktion kommuniziert werden. Und so ist Kostbarkeit das Wort, das im Jahre 2013 den umstrittenen  Begriff „Luxus“ ersetzt hat. Der neue Begriff entwickelt sich in zwei unterschiedlichen Konnotationen; einerseits durch einen Bezug auf die Welt der Kunst, zum Beispiel der kleine Tisch „Element”, entworfen von Tokujin Yoshioka für Desalto, der sich, wie sein Autor erklärt, „an der Struktur der natürlichen Kristalle“ inspiriert, oder der Sessel „Trez” des jungen Brasilianers Zanini de Zanine für Cappellini, der eher dem Zeichen eines geheimnisvollen Alphabets als einem Sitzmöbel ähnelt. Dieser letzte Ansatz kann manchmal  fast zu einer Art „Formalismus der Schwierigkeiten“ werden, wie in der Vasen-Kollektion „Palm” von Cedrìc Ragot für Bitossi, in den als kleine Wohnzimmertischchen  getarnten Marmorskulpturen, die Zaha Hadid für Citco entworfen hat, oder auch in den Keramikgriffen „Chelsea” von Jean Nouvel für Olivari.

In anderen Fällen dagegen stellt sich die Kostbarkeit wie eine komplexe Wahrnehmungssuche dar, wie bei der Kollektion kleiner Tischchen und Bücherregale „Deep”, die Nendo für Glas entworfen hat: Extra leichte, übereinandergeschichtete und warm verschweißte Kristallplatten. Die in den Nuancierungen Grau und Hellblau angebotenen  Stücke werden einfach durch Veränderung der Abstände zwischen den Platten konstruiert, wobei gleichzeitig die Farbe betont wird. Der Effekt wird durch eine Spiegelbasis vervollständigt.

Komplexität der Ausführung

Ein weiterer Punkt im Zusammenhang mit dem Thema der „Kostbarkeit“ ist der häufige Hinweis auf die Ausführungsschwierigkeiten. Allerdings nicht so sehr wie noch bis vor kurzem auf die technische Komplexität, sondern eher auf die Vielfalt und Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Herstellungsverfahren, von denen einige rein manuell, andere absolut industriell sind. Die Kombination zwischen diesen beiden Schritten erfordert unterschiedliche Kompetenzen und Lieferanten und führt dazu, dass das Stück einen absolut besonderen  Hintergrund hat, der eine Fälschung sehr schwierig macht. Wir denken hier an die Entwürfe von Benjamin Hubert und Patricia Urquiola für Moroso. Der junge Engländer entwirft eine Art Hängematte,  die mit einem Stoffsessel verwandt ist, während die übermütige Spanierin, die mittlerweile als eine der wichtigsten kulturellen Vorreiterinnen der Mailänder Szene gilt, das Sitzmöbel „Mafalda” präsentiert, das Kernholz mit wärmegeschweißtem Gewebe kombiniert. Gehen wir von den Möbeln nun zur Beleuchtung über, liefert uns Sam Hecht, in seiner ersten Zusammenarbeit mit Oluce ein gutes Beispiel. Er kombiniert mundgeblasenes Glas mit galvanisiertem Metall in einer Leuchte mit der Bezeichnung „Semplice”, die in gewisser Weise ein Manifest dieser neuen Kostbarkeit ist.

Ein besonderer Fall ist die gewollte Komplexität „ökologischer Art“, wie sie von der von Fiam mit einer Gruppe junger italienischer Designer – darunter Donata Paruccini, Nicola De Ponti und Paolo Cappello – organisierten Aktion „Re-Made“ verkörpert wird: Jeder dieser Designer hat einem neuen Objekt Leben verliehen, ausgehend von den Resten eines Bestsellers des Unternehmens aus der Region Marken, dem Tisch „Ragno“; so wurden Gegenstände mit einer neuen Identität kreiert.

Transversalität der Typologie

Wir haben gesehen, dass an der Umsetzung eines einzigen Möbelstückes viele Subjekte beteiligt sind, vom Handwerk bis zur Industrie. Dieser Transversalität der Bearbeitung steht die Transversalität der Typologien gegenüber. Die Unternehmen neigen immer stärker dazu, die Konzepte der typologischen Spezialisierung zu überwinden, um sich in vollständige, erschöpfende und manchmal selbstbezogene Mikrowelten zu verwandeln. Ist ein Käufer erst einmal durch das Angebot eines Tisches oder eines Stuhles verführt, versucht man, ihn bei der Hand zu nehmen, um ihn bei der Wahl einer kompletten Einrichtung zu begleiten, möglichst vom Eingang bis zum Bad und umgekehrt. So wird es zum Beispiel gerade im Bad oder in der Küche nicht selten sein, kleine Kamine und Chaise longues zu finden. Ein ähnliches  Szenarium finden wir aufgrund der höheren Zahl an Stücken auch im Contract-Bereich, vor allem im Hotelgewerbe.

Die Folge ist ein deutliches Verschwimmen der Warenabgrenzungen, die früher monolithisch das einzelne Unternehmen geprägt haben. Viel häufiger finden wir heute Leuchten außerhalb der Grenzen der Internationalen Beleuchtungsmesse Euroluce, Home-Office-Lösungen außerhalb der Grenzen der Internationalen Messe für Arbeitsambiente SaloneUfficio, und Zubehör fast überall. Um schließlich auch auf echte Joint-ventures wie der zwischen Kartell und Laufen zu treffen, die das transparente und farbige Kunststoffmaterial des Unternehmens aus Noviglio für die Sanitärartikel der Schweizer Gruppe einsetzt.

Outdoor

Eine besondere  Art der Transversalität findet mittlerweile im Outdoor-Bereich statt. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Zahl der Entwürfe für den Außenbereich konstant steigt: Fast alle führenden Einrichtungsunternehmen der Welt haben mittlerweile einen bedeutenden Outdoor-Bereich. Die Entwürfe für den Außenbereich verlieren immer stärker ihre „starre und reine“ Identität, und ähneln den Möbeln für den Innenbereich. Die technologische Forschung, als Beispiel seien nur die Drängewebe erwähnt, erleichtert sicher diesen Weg. Und so werden die Outdoor-Möbel freundlicher und detailreicher und eignen sich immer mehr zum Umstellen von außen nach innen und umgekehrt. Paradigmatisch  in diesem Sinne die Präsentation von Vitra, wo einige bedeutende Möbel – sowohl die historischen wie die von Ray und Charles Eames („Plastic side chair”) oder von Verner Panton („Panton chair”), als auch die neueren wie der Stuhl „Vegetal” von Bouroullec, die chaise „MVS” von Maarten van Severen oder der Sessel „Waver” von Konstantin Grcic – einfach für den Außenbereich umkonstruiert werden. Wenn das einerseits einen Verzicht auf Entwurfsspezifität bedeutet, erlaubt es andererseits eine echte Integration der beiden Bereiche und eine differenzierte Verwendung, je nach Saison, für jedes Möbel: In den schöneren Monaten leben die Möbel draußen, in den klimatisch strengeren Monaten ergänzen Sie die Einrichtung eines Wohnzimmers oder die Eingangshalle eines Hotels. Was die Formen betrifft fehlt es auch im Outdoor-Bereich nicht an Bezugnahmen auf die Tradition: Ein häufig genanntes Beispiel ist der Liegestuhl (siehe das von Gordon Guillaumier für Roda entworfene Modell „Orson”).

2 Orson_resize.jpg

Farben

Es ist nicht gesagt, dass das Thema Farben an das geknüpft ist, was wir oben über die Austauschbarkeit der Innen- und Außeneinrichtung geäußert haben, doch ganz sicher kehren im Jahr 2013 die Farben natürlichen Ursprungs zurück, vor allen Dingen mit einem reichen Fächer an Grüntönen, der von Sumpfgrün und Gelbgrün bis zu ins Blaue auslaufenden Petroleumtönen  reicht. Zu diesen Farben kommen unzählige Nuancen von Bast bis Kitt und Fango, aufgehellt durch schmutzige Rot- und Senftöne. Dominierend außerdem auch alle warmen Grautöne, die mit Braun angemischt  sind. In einigen Fällen entstehen die Farben durch das verwendete Material, wie zum Beispiel bei der Kollektion „Natural” von Nani Marquina, die natürliche Fasern wie Brennnessel oder Jute miteinander verflechtet.

Beziehung zwischen Designer und Unternehmen Zwei weitere Elemente sind prägend für das Design 2013, nämlich die Auftragsvergabe und die Auswahl der Designer. Von außen ist das wahrscheinlich nicht so einfach zu verstehen, wird aber durch einen Vergleich mit der Vergangenheit klarer: Während die Identität der wichtigsten Unternehmen in den fünfziger, sechziger und siebziger Jahren durch eine Vorzugsbeziehung mit einzelnen Designern aufgebaut wurde, Beziehungen, die sich über Jahre hin zogen und ein paralleles Wachstum des Kreativen und des Geschäfts mit sich brachten – denken wir nur an Marco Zanuso und Arflex, an Achille Castiglioni und Flos, an Vico Magistretti und Cassina – arbeiten heute dagegen viele bekannte Designer von Starck bis Nendo transversal für Unternehmen mit teilweise ganz unterschiedlichen Philosophien. Das kann für den Endverbraucher Verständnisschwierigkeiten mit sich bringen.

5 Aim_resize.jpg

Erfindungen

Können wir an dieser Stelle den ersten Überblick über die Saloni 2013 mit der Erwähnung einiger Stücke abschließen,  die eine typologische Erfindung darstellen? In diesem Zusammenhang könnten wir an das horizontale Bücherregal „Booken” von Raw Edges für Lema erinnern, bei dem die Bücher auf einer ähnlichen Struktur wie einem Wäschetrockner hängen, oder an „Mikado”, die von der schwedischen Designer-Gruppe Front für Porro entworfen wurde, wo kostbare Gegenstände  von einer doppelten Reihe an Holzstäbchen „geschützt“ werden. Oder auch „Terrazza” des spanischen Duos Emiliana für Valsecchi 1918, ein asymmetrisches Schubladenmöbel mit mehrfachen Fronten. Interessant auch die Hängeleuchte „Aim” von Ronan und Erwan Bouroullec für Flos. Zwei Grundsätze des Lichtdesigns werden damit in Frage gestellt:

Die Mittelpunktstellung des Lichtpunktes, und die übliche Verkürzung des Kabels, das hier im Gegenteil durch lange Windungen noch betont wird. Auch der junge Norweger Daniel Rybakken überrascht  mit der poetischen  Einfachheit seiner neuen Bodenleuchte „Ascent” für Luceplan, einem glockenförmigen Scheinwerfer, der sich mysteriös auf einem Stab bewegt und damit die Lichtstärke regelt.

3 Terazza_resize.jpg

photo by Andrea Mariani

By Danica Maričić

Interior Designer and Integrated Marketing Communications Pro, Loving Writing and Photography, Passionate about Life & Style, “True Blue” Mediterranean Girl, Curious Traveller & Designer